Interview mit der Studierenden Leoni Linden

  Portrait der Studierenden Urheberrecht: © FRE

Ein Studium beginnen in einer Ausnahmesituation wie der Corona-Pandemie muss sehr seltsam und schwierig sein. Die Unigebäude sind versperrt, die Vorlesungen finden nur digital statt, keine Partys - überhaupt kein richtiges "Studentenleben". Wir haben einige dieser Studierenden gefragt, wie die ersten Semester im Bachelorstudiengang "Nachhaltige Rohstoff- und Energieversorgung" unter diesen Voraussetzungen für sie gelaufen sind.

FRE: Liebe Leoni, wie hast du dir dein Studium eigentlich vorher vorgestellt?

Leoni: Ich habe mir vorgestellt, dass das Lernen total Spaß macht, weil ich nur Fächer habe, die mir gefallen und für die ich mich gerne an den Schreibtisch setze… Und natürlich auch, dass es mir gar nicht schwer fällt durch zu kommen…

Leoni: Klar, dann habe ich mir natürlich auch vorgestellt, mit meinen Freunden zwischen den Vorlesungen und Übungen in der Mensa essen zu gehen und vielleicht abends oder am Wochenende sich mal zu treffen, und einfach zusammen eine lustige Zeit zu haben.

FRE: Entspricht das Online-Studium deinen Erwartungen?

Leoni: Also den Erwartungen, die ich noch vor 2-3 Jahren hatte entspricht das Online Studium natürlich nicht. Aber als sich nach und nach zeigte, dass es wohl nicht so werden wird, wie ich mir das eigentlich vorgestellt hab, habe ich mir eigentlich kaum mehr Gedanken darüber gemacht, wie mein Tag dann tatsächlich aussehen wird. Ich glaube, dass einzige, was ich nicht so erwartet hatte, war die relativ große Anzahl an Fächern die man in der Woche so hat. Aber sonst die Zoom Vorlesungen und Übungen und die Vorlesungen „on-demand“ habe ich mir tatsächlich so vorgestellt, wie sie jetzt auch sind.

FRE: Was fehlt dir beim Online-Studium?

Leoni: Der soziale Austausch mit den anderen Studierenden natürlich, das fehlt mir am meisten. Klar, teilweise kann man das in Kleingruppenübungen mit Kamera an auch so erleben, aber ich glaube, dass ist kein Ersatz für den sozialen Kontakt „in Echt“. Grade wenn man dann zusammen zu den verschiedenen Veranstaltungen geht, oder in der Mensa zusammen isst, oder eben auch in Echt nebeneinander sitzt, geht es glaube ich viel schneller sich anzufreunden und vielleicht auch mal alle aus dem Studiengang zu sehen.

Und was, glaube ich „in Echt“ auch einfacher ist, als online: Fragen stellen. Denn manchmal ist die Hemmschwelle, wenn man keine Kamera an hat und das Mikro aus ist, doch sehr hoch, dann nochmal eine Nachfrage zu dem Thema zu stellen. Ich hoffe, dass der Dozent / die Dozentin, vielleicht von selber nochmal Sachen anders versucht zu erklären, wenn er in 100 fragende Gesichter schaut.

FRE: Gibt es etwas Positives an dem Online-Studium?

Leoni: Tatsächlich ja, wenn man sich dran gewöhnt hat. Ich muss zum Beispiel nicht ganz so früh aufstehen, weil der Weg hin zum Gebäude entfällt. Man kann sich (in den meisten Kursen) Videos nochmal anschauen, wenn man zu dem Termin keine Zeit hat (was ja, wenn man mal ehrlich ist, immer wieder vorkommt ;)). Und durch das Online Studium kann ich grade auch sehr viel Zeit mit meinem Freund verbringen, was sonst ja nicht wirklich möglich wäre.

FRE: Was vermisst du am meisten?

Leoni: Ich glaube den sozialen Kontakt, mit meinen Kommiliton*innen. Sowohl mit denen, mit denen ich mich jetzt schon angefreundet habe, als auch mit denen, die mir bis jetzt völlig fremd sind. Denn grade weil unser Studiengang ja wirklich nicht so riesig ist, müsste es doch gut möglich sein, alle mal zu treffen und kennenzulernen.

FRE: Wie gehst du mit dem Stress um?

Leoni: Den Stress, den ich über das letzte Semester, aber vor allem im Semester bisher, gespürt habe ist ein anderer, den ich bisher kannte. Denn ich habe wenige Termine, zu denen ich rumfahren muss und so einfach wenige „Verschnaufpausen“ hab, so wie es vor Corona eher war. Der Stress, den ich jetzt empfinde, ist eher ruhig, aber beschäftigt mich dafür sehr oft.

Was mir vor allem in den letzten Monaten dabei geholfen hat mich zu entspannen und auszugleichen ist das Nähen an der Nähmaschine. Und damit natürlich verbunden, YouTube Videos zu dem Thema zu gucken, oder online nach schönen Stoffen oder neuen Schnittmuster zu schauen.

Und was sich als neues kleines Hobby bei mir in den letzten Wochen ergeben hat sind Zimmerpflanzen. Im Moment kann ich Stunden damit verbringen auf E-bay Kleinanzeigen nach Pflanzenablegern zu schauen oder im Internet mich über die verschiedenen Pflanzen schlau zu machen. Und ja, natürlich hilft auch ein bisschen Sport zwischendurch, oder längere Spaziergänge an der frischen Luft ;)

FRE: Hast du eine Online-Lerngruppe?

Leoni: Ne, eine feste Gruppe hab ich nicht wirklich, auch wenn mir das glaube ich gut tun würde, weil das Lernen zusammen mit anderen eigentlich sehr hilfreich ist. Aber ab und zu lerne ich mit einer Freundin aus dem Studiengang zusammen. Aber ich finde unser Gruppenchat ist auch schon fast wie eine sehr große Lerngruppe.

FRE: Hast du deine Kommiliton*innen kennengelernt?

Leoni: Es hat echt einige Monate gedauert, bis ich mich so richtig getraut habe die Leute privat anzuschreiben. Aber irgendwann im Winter, wo auch keine live Veranstaltungen mehr waren, kam ich mir so einsam vor, dass ich mich einfach überwunden habe, und ein paar Menschen angeschrieben habe. Und daraus haben sich direkt auch schon ein paar Freundschaften ergeben. Aber ich bin guter Dinge, dass sich auch noch andere Freundschaften ergeben werden, wenn wir uns hoffentlich mal alle in Echt sehen können.

FRE: Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, mit uns zu sprechen!