Carbon Fiber Cycle
Carbonfasern (CF) und carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) sind als High-End-Werkstoff in Technologien wie Luft- und Raumfahrt, Windenergie und der Automobilindustrie etabliert. Seit einigen Jahren erhalten CF und CFK zudem vermehrt Einzug in den Alltag durch Lifestyle- und Sportartikel als Konsumgüter. Der globale CFK-Bedarf lag 2017 bei ca. 114.000 t mit durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten von ca. 12 %.
Für die CF-Verarbeitung zu Halbzeugen und letztlich CFK-Bauteilen existiert eine Vielzahl an Herstellungs- und Fertigungstechniken. Das Bauteil kann bei der mechanischen Bearbeitung z. B. durch Schleifen oder Fräsen in seine finale Form gebracht werden. Nach Ende der Nutzung werden die CF nach aktuellem Stand der Technik zu großen Teilen entsorgt und nur teilweise über pyrolytische Verfahren rezykliert. In diesen Prozessketten muss häufig eine mechanische Zerkleinerung durchgeführt werden, wodurch die verfügbare Faserlänge, die ein wichtiges Qualitätsmerkmal von rezyklierten Carbonfasern (rCF) darstellt, abnimmt. Für Hochleistungsanwendungen werden in der Regel nur CFK auf Basis von Endlosfasern verwendet, da nur diese die hohen Anforderungen, wie Steifigkeit und Festigkeit, erfüllen.
Aus abgeschlossenen und laufenden Forschungsprojekten, wie z. B. UFOPLAN CFK, ist bekannt, dass in den angewandten thermischen Prozessen zur Entsorgung kein vollständiger Abbau der Matrix und Fasern durch Umsetzung stattfindet, da Temperaturen und Verweilzeiten nicht ausreichen. Zudem ist festzustellen, dass sich bei einem unvollständigen Umsatz in thermischen Prozessen die physikalischen und chemischen Eigenschaften der rCF ändern können. Das Bruchverhalten der CF und die Bildung von Faserfragmenten werden hierdurch möglicherweise beeinflusst. Dies kann zu einer Freisetzung lungengängiger, biobeständiger Stäube führen und damit die Frage aufwerfen, inwieweit die hierbei emittierten Feinstäube Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben.
Weiterhin liegen Hinweise vor, dass es während der mechanischen Bearbeitung bei der Produktion von CFK-Bauteilen zur Freisetzung solcher Stäube kommt. Aufgrund der steigenden Verwendung von CFK und angesichts des toxischen Potentials von lungengängigen biobeständigen Stäuben, besteht das Ziel des Gesamtprojekts in einer Identifizierung realistischer Freisetzungsszenarien von lungengängigen Stäuben. Dabei werden die Szenarien der mechanischen Bearbeitung und thermischer Behandlung von CFK untersucht und münden in einer toxikologischen Beurteilung der Exposition.
Das Ziel des Teilprojekts am TEER ist es, Freisetzungsszenarien lungengängiger Stäube im gesamten Lebenszyklus zu identifizieren. Hierzu erfolgt eine Recherche bezüglich der Exposition während der Herstellung, Bearbeitung, Verwertung und Entsorgung von CF/CFK sowie ein Abgleich mit Praxiserfahrungen aus der Industrie. Darüber hinaus werden Freisetzungsszenarien bei thermischen Prozessen mit sauerstofffreien und -armen Atmosphären (z. B. Pyrolyseprozesse beim Recycling) untersucht. Dies erfolgt auf Basis von experimentellen Untersuchungen in einer Thermowaage.
Nach Identifizierung der Freisetzungsszenarien wird gemeinsam mit dem Gesamtkonsortium unter Koordinierung des Karlsruher Forschungszentrums (KIT) mit den Instituten für technische Chemie (ITC), Toxikologie und Genetik (ITG), angewandte Biowissenschaften (IAB) und den Partnern Vitrocell Systems GmbH, Palas GmbH und dem Institut für Verbundwerkstoffe GmbH (IVW) eine Risikobewertung durchgeführt mit anschließender Ableitung von Empfehlungen für ein sicheres Handling von CF/CFK.
Das vorgestellte Vorhaben Carbon Fiber Cycle wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 03XP0195D gefördert.