Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Kathrin Greiff (ANTS)

 

Was macht eigentlich...eine neue Professorin am Institut für Anthropogene Stoffkreisläufe (ANTS) der FRE?

Prof. Greiff (ANTS) © Schmitter

FRE: Herzlich willkommen bei der Fachgruppe für Rohstoffe und Entsorgungstechnik, Frau Prof. Greiff! Wir freuen uns sehr, Sie bei uns in Aachen begrüßen zu dürfen. Sie haben am 1. September das Institut für Aufbereitung und Recycling von Herrn Prof. Pretz übernommen. Würden Sie sich unseren Studierenden und Mitarbeiter*innen kurz vorstellen?

Kathrin Greiff: Vielen Dank für das herzliche Willkommen in der Fachgruppe. Ja richtig, ich habe das bisherige Institut für Aufbereitung und Recycling übernommen, das mit meinem Start in das Institut für Anthropogene Stoffkreisläufe (ANTS) umbenannt wurde. Dieser Name trifft die Ausrichtung, in die ich das Institut entwickeln möchte, im Kern. 

Aber erstmal zu meiner Person, ich bin gebürtige Wuppertalerin, habe an der TU München studiert und promoviert. Direkt im Anschluss an mein Studium konnte ich beim Sachverständigenrat für Umweltfragen arbeiten und so viele Eindrücke und Erfahrungen auch auf politischer Ebene sammeln. Meine Themenschwerpunkte waren bereits im Masterstudium und dann während meiner Promotionszeit Analysen, Umweltbewertungen und Potentialabschätzungen im Bereich der Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Dabei hat mich die Fragestellung fasziniert, wie eine Win-win-Situation für menschliche Nutzung von Stoffströmen und gleichzeitig für die Umwelt erreicht werden kann.

Beim Wuppertal Institut, bei dem ich die letzten zehn Jahre in der Abteilung Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren gearbeitet habe, war auch immer das „Lifecycle Thinking“ und vor allem die Bewertung von Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz von Prozessen, Produkten, Unternehmen und Haushalten der Kern meiner Arbeit und Forschung. In den letzten Jahren habe ich an der Schnittstelle zur Abteilung Kreislaufwirtschaft gearbeitet und habe mich, gefördert über ein Habilitationsstipendium vom INZIN Institut, mit Themen der Circular Economy und im Speziellen der Bewertung von Zirkularität beschäftigt.

Zum Privaten, ich bin verheiratet und Mutter von drei kleinen Mädchen. In der Zeit, die mir für weitere Aktivitäten bleibt, bin ich gerne in der Natur und gehe Wandern, Radeln oder Schwimmen.

 

FRE: Was erwarten Sie sich vom Wechsel zur RWTH Aachen? Welche inhaltlichen Vorstellungen bzw. Pläne haben Sie für die Entwicklung des Institutes? Welche Forschungsschwerpunkte möchten Sie setzen?

Kathrin Greiff: Ich freue mich sehr, hier in Aachen die Möglichkeit zu haben, mein Wissen weitergeben zu können und vor allem in Lehre und Forschung gestaltend anwenden zu können. Mein Bestreben ist es, eine zirkuläre Denkweise und das Verinnerlichen von Nachhaltigkeit an der RWTH Aachen in Forschung und Lehre zu stärken. Das Konzept Circular Economy ist in aller Munde, es muss aber noch mehr mit Leben und vor allem praktischen Ansätzen gefüllt werden.  

Der Fokus auf anthropogene Stoffkreisläufe ist dafür prädestiniert, sie stellen ein Querschnittsthema dar und verbinden verschiedene Akteure in Wertschöpfungsketten, aber auch Forschungsfelder. Ich möchte das bestehende Institut mit drei Forschungsschwerpunkten weiterentwickeln: Modellierung und integrierte Bewertung, Aufbereitung- & Sortiertechnologien und Zirkuläres Rohstoffmanagement. Wichtig dabei ist mir, dass nicht nur die Stoffströme am Ende der Wertschöpfungskette betrachtet und optimiert werden, sondern dass der Blick auf gesamte Produktsysteme gelenkt wird. Es reicht nicht, mit dem zu leben, was am Ende rauskommt, dieses kann nur so gut sein wie das, was wir am Anfang reinstecken. Der End-of-Life muss, egal in welcher Stufe der Wertschöpfungskette, mitgedacht werden. Für das letztendliche Ziel, global weniger Ressourcen zu nutzen und damit Umweltauswirkungen zu verringern, wie z. B. den Ausstoß klimawirksamer Gase oder Biodiversitätsverluste, müssen wir praxistaugliche Technologien entwickeln und deren Wirksamkeit im gesamten System betrachten. Das können wir am Institut für Anthropogene Stoffkreisläufe.

 

FRE: Eine Frage, die unsere Studierenden sicher besonders interessiert: was macht für Sie eine gute Lehre aus? Und wie schätzen Sie Probleme und Chancen durch die Corona-bedingte Online-Lehre ein?

Kathrin Greiff: Gute Lehre sollte zum Lernen anregen, motivieren, sich mit Themen vertieft zu beschäftigen und auch zum Diskutieren einladen. Wesentlich ist, dass die Studierenden neues Wissen aufbauen und etwas mitnehmen. Was man in der Zeit des Studiums lernt, prägt für das gesamte weitere Berufsleben. 

Die Lehre hat sich seit dem letzten Semester verändert. Das Sommersemester war bereits eine große Herausforderung für Lehrende und Lernende. Wir können aus meiner Sicht aber zuversichtlich auf das kommende, ebenfalls online ausgerichtete, Wintersemester blicken. Es hat sich in sehr kurzer Zeit sehr viel getan. Online-Lehre bietet sehr viele Möglichkeiten auch für interaktive Lehrformate und vor allem die Kombination verschiedener Formate. In meinen ersten Gesprächen an der RWTH habe ich gleich von den Blended-Learning-Bestrebungen gehört. Gerade jetzt bietet es sich an, die Möglichkeiten, die sich hiermit bieten, zu nutzen und so den Studierenden eine abwechslungsreiche, flexible und auf verschiedene Bedürfnisse angepasste Lehre zu ermöglichen. 

Mit all diesen Möglichkeiten kann aber natürlich der soziale Kontakt und das Gemeinschaftsgefühl, das ich als wesentlich für ein Studium empfinde, kaum aufgebaut werden. Gerade für Studienanfänger wird das zu einer großen Herausforderung werden. Mit den Bestrebungen der RWTH gerade für Erstsemestler Präsenzveranstaltungen zu ermöglichen, können der Kontakt und das Gemeinschaftsgefühl aber zumindest in Teilen aufgebaut werden.  

Als wesentliche Neuerung auch für die Lehre wird am ANTS das „Material Assessment Lab“, kurz MAssLab, im 1. OG des Bergbaudgebäudes eingerichtet. Das MAssLab dient zur qualifizierten Weiterentwicklung der Lehre und auch als Verbindung von Lehre und Forschung sowie als Brückenbildner zu anderen Diziplinen und zur Praxis. Es werden z. B. flexibel nutzbare Endgeräte zur Verfügung stehen sowie der Zugang zu Modellierungs-Software und Datenbanken. Neben kommerziell nutzbaren Datenbanken werden wir auch eine eigene digitale und physische Datenbank aufbauen, die Circular Materials Database – CirculateD. Darin enthalten sein werden Proben und Handstücke, die z. B. über QR-Codes mit digitalen Daten verknüpft werden. So können Lehrinhalte wiederholt oder auch weiteres Wissen zu Stoffströmen und Sekundärmaterialien aufgebaut werden. Nähere Informationen dazu erarbeiten wir derzeit.

 

FRE: Das Thema „Nachhaltigkeit von Stoffströmen“ zieht sich seit Ihrem Studium durch Ihre gesamte Laufbahn. Welche Rolle spielen die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz für Sie persönlich?

Kathrin Greiff: Diese Themen beschäftigen mich seit meiner Jugend und prägen mich natürlich auch. Ich weiß genau, welche Handlung von mir „schlecht“ und welche „gut“ ist. Das heißt allerdings nicht, dass ich immer super nachhaltig handle, auch ich bin nur ein Mensch. Ich bin natürlich auch ein wenig ideologisch, aber auch sehr realistisch. 

Der Schutz unserer Umwelt und im Weiteren das Erreichen eines nachhaltigen Lebens ist aber genau das, was mich antreibt weiter zu forschen und damit neue Erkenntnisse aufzubauen, wie wir Stoffströme nutzen sollten - und diese Erkenntnisse dann auch zu vermitteln. Diese Weitergabe oder Wissensvermittlung ist auf verschiedenen Ebenen wichtig, wesentlich ist für mich aber vor allem der Dialog und die Diskussion mit jungen Menschen, die dieses Wissen ihrerseits weiterverbreiten und vor allem anwenden können. 

Ich freue mich sehr auf die Diskussionen und Gestaltungsmöglichkeiten hier in Aachen.

 

FRE: Herzlichen Dank für das informative Gespräch und einen guten Start in Aachen!

Kathrin Greiff: Sehr gerne und vielen Dank.

 

Das Interview mit Frau Prof. Greiff führte Sabine Backus.